"Strafverteidiger verteidigen zunächst Unschuldige, denn die Schuld wird erst am Ende eines Strafverfahrens durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt - und dann ist die Strafverteidigung in aller Regel zu Ende."
Steuerstrafrecht ist ein höchst komplexes und kompliziertes Thema, insbesondere weil es jeden betreffen kann, und häufig ohne eigenes Bewußtsein über ein eventuelles Fehlverhalten quasi aus dem heiten Himmel auf einen zukommt. Anders als bei vielen Strafrechtsapekten, die ein klar erkennbares und einem normal denkenden Menschen verständliches Verbot gewissen Handelns beinhaltet (Du sollst nicht töten; Du sollst nicht stehlen; ...), kann man steuerliche Straftatbestände tatsächlich ohne Bewußtsein der Unrichtigkeit des Tuns verwirklichen.
Die zunehmende Insensität des staatlichen Handelns führt zu einer erheblichen Steigerung der Fälle von Verfolgung der Steuerpflichtigen durch die Bußgeld- und Strafrechtsabteilungen der Finanzämter (BUSTRA). Dies ist auch eine Entwicklung der internen Verschärfungen (wenn ein Steuerprüfer Ungereimtheiten nicht weiterleitet macht er sich ggf. der Strafvereitelung im Amt schuldig), und häufig auch "nur" ein Routinevorgang, der nach Anhörung und Aufklärung dann auch wieder ohne Folgen abgeschlossen wird.
Egal wie vermeintlich harmlos eine Mitteilung der Einleitung eines Verfahrens wirken mag, oder wie sehr man darüber besorgt ist, solche Angelegenheiten sollten immer sofort ernst genommen werden. Dass man natürlich durch korrektes steuerrechtliches Gesamtverhalten im Vorfeld Gefahren der Strafbarkeit vermeiden kann und soll, ändert nichts an der gebotenen Klärung nach Bekanntwerden der Einleitung eines Verfahrens. In allen Fällen gilt es, Ruhe zu bewahren, die Sache nicht zu ignorieren oder zu verschleppen, und sich kundigen Rat einzuholen. Die Finanzbehörden haben ein umfangreiches Instrumentarium zur Informationsbeschaffung, und wenn ein Verfahren eingeleitet wurde, nimmt dieses seinen Lauf - koordiniert oder eventuell problematisch unkoordinierter (Durchsuchung; Beschlagnahme; dinglicher Arrest).
Aktuell ist eine Verschäfung des Vorgehens erkennbar, die Steuerberater werden soweit auch nur ansatzweise vertretbar mit beschuldigt, mit der Folge der Zerstörung jeglichen Vertrauens, Motivation des Steuerpflichtigen gegen den Berater vorzugehen, und weiterer Aushebelung des (theoretischen) verfassungsrechtlich geschützten Vertrauensverhältnisses zwischen dem Berater und seiner Mandantschaft. Die Berufskammern haben bis dato keine Initiative entwickelt, den unsachlichen, damit verfassungswidrigen Unterschied zwischen Geistlichen; Rechtsanwälten oder Steuerberatern hinsichtlich des Rechtes der Verschwiegenheit (die Pflicht einerseits stellt ein Recht auf der anderen Seite dar, das zusehends ausgehöhlt wird) anzugreifen. Selbst Rechtsanwälte sind - auch wenn sie nicht Beteiligte, also Beschuldigte sind - nicht mehr allumfänglich vor Durchsuchungen geschützt (2 BvR 1405/17, 2 BvR 1780/17, 2 BvR 1562/17, 2 BvR 1287/17, 2 BvR 1583/17 "Jones Day" - letzter Stand 09/2021).
Wir vertreten auch Berufsträger, auch vor den Standesvertretungen, da bei Vorwurf einer Straftat automatisch die Berufskammern über die Eröffnung des Verfahrens, und den Verlauf informiert werden. Ab einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten oder mehr (oder vergleichbarem Strafausspruch) ist automatisch die Entziehung der Zulassung zu diskutieren.
Die Gefahr der Strafbarkeit verlagert sich immer mehr auch auf die Berufsträger. Was früher etwas arg "lasch" gehandhabt wurde, verkehrt sich jetzt ins Gegenteil. Steuerberater werden schon aus taktischen Gründen (damit ist die Kommunikation mit dem Mandanten fast zwingend unterbrochen und die Möglichkeit der Durchsuchung bei einem zur Verschwiegenheit verpflichtet und berechtigten Berufsträger ist eröffnet) in die Ermittlungen einbezogen.
Oft sind Strafverfahren das Resultat einer nicht belastbaren Dokumentationslage, die sich in Betriebsprüfungen herauskristallisiert hat. Auf gut Deutsch: eine Buchhaltung entspricht nicht den Anforderungen, die das Finanzamt erwarten darf. Buchführungen können unter gewissen, nicht seltenen Umständen, verworfen werden. Das bedeutet, dass auf diesen Zahlen keine Steuerermittlung möglich und gestattet ist, klassischerweise kommt es zu zum Teil erheblichen Zuschätzungen, die Differenz zwischen erklärter Steuer und Zuschätzungsergebnis ist dann eine zu gering erklärte Steuer, die klassischerweise als strafbar eingestuft wird.
Diesen Umstand kann man durch Herstellung einer korrekten Dokumentation unter Umständen beseitigen, auf ebenso gut Deutsch: wenn man die Buchhaltung korrekt aufarbeitet (was Zeit kostet), kann man damit ggf. wieder einen belastbaren Zustand erreichen, der dann auch für das Finanzamt maßgeblich ist.
Wir haben die Kapazitäten und das know-how um auch über Jahre zurück Buchhaltungen korrekt (neu) aufzubauen.